Jetzt wird’s bitter …
Warum sich der Alltag jetzt auf die Leber schlägt und was wir dagegen tun können
Wie überaus passend, dass die Experten der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) heuer die Mariendistel zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gewählt haben. Denn unsere Leber leidet unter dem Stress, der Planungsunsicherheit, den Sorgen, Ängsten und dem Ärger dieser Tage.
Unsere Leber erfüllt als größtes Organ in unserem Organismus lebenswichtige Aufgaben, reinigt unser Blut von Giftstoffen, baut verbrauchte Blutkörperchen und Hormone ab und bildet wichtige Proteine. Nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist die Leber aber auch Sitz der Wanderseele Hun sowie von Stimmungsschwankungen und Emotionen wie Ärger, Zorn oder Wut und Frust. Kein Wunder also, dass wir uns gerade jetzt besonders gut um sie kümmern müssen!
Zumal ihre Überforderung gar nicht so leicht zu bemerken ist. Denn sichtbar wird sie für uns erst, wenn sich Haut und/oder Augen Gelb färben, uns Juckreiz plagt, unsere Handinnenflächen rot-fleckig werden oder sich sternförmige Blutgefäße zeigen. Auch Spannungen im Bereich von Brust, Nacken und Schulter- und Nackenbereich, Kopfschmerzen, gynäkologische Symptome und Augenprobleme können den Weg zur Leber weisen.
Die Leber liebt Grün
Was können wir also unserer Leber Gutes tun? Die Leber liebt Grünzeug, vor allem bitteres. Artischocken, Löwenzahn und Chicoree tun ihr ebenso gut wie grüne Kleidung oder grüne Tapeten. Darüber hinaus mag’s unsere Leber harmonisch: Alles was uns in gesunder Balance hält, tut auch unserer körpereigenen Kläranlage gut. Dazu gehören ein ausgewogener Schlaf-Wach-Rhythmus ebenso wie Bewegung, aber auch Lachen, harmonische Beziehungen und Kreativität erfreuen die Leber aus Sicht der TCM.
Bittere Lebensmittel sind aus unseren Speiseplänen durch Süßes zunehmend verdrängt worden. Es ist heutzutage gar nicht so einfach, sie in unsere Mahlzeiten zu integrieren. Und das bringt nun unsere Arzneipflanze des Jahres ins Spiel, denn die Schalen ihrer Früchte enthalten den als „Lebermittel“ bekannten Wirkstoffkomplex Silymarin.
Mariendistel: lange Tradition
Als Arzneipflanze ist die Mariendistel schon seit dem Altertum bekannt. Seit dem 19. Jahrhundert konzentriert sich die medizinische Verwendung auf Zubereitungen der „Samen“ (Früchte) bei Leber- und Galleleiden. Rudolf Marchart, vom österreichischen Verband für Arznei- und Gewürzpflanzenbau erklärt: „In Österreich stellt die Mariendistel eine der drei wichtigsten großflächig kultivierten Arzneipflanzen dar, die Anbaugebiete liegen vor allem in Niederösterreich. Hier befindet sich auch ein international viel beachtetes Kompetenzzentrum zur Verarbeitung, in dem jährlich durchschnittlich 3.500 bis 4.000 Tonnen der Körnerdroge gewonnen wird.
Gut für uns
„Die Inhaltsstoffe der Früchte der Mariendistel sind schon sehr gut untersucht“, erläutert Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA, vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften an der Universität Graz. „Für die Wirksamkeit ist Silymarin von besonderer Bedeutung.“ Silymarin besitzt eine leberschützende Wirkung. Es konnten auch antioxidative und antiinflammatorische Effekte nachgewiesen werden. Silymarin kann sowohl die DNA- als auch die Lipid- und Proteinoxidation unterbinden und damit Zellschäden verhindern.
Außerdem fördert Silymarin über eine Stimulierung der Polymerase I die Zellregeneration, wodurch sich die geschädigte Leber schneller erholen kann. Über eine Hemmung der RNA Polymerase verhindert Silibinin laut in vitro Daten auch die Replikation des Hepatitis-C-Virus. Tierversuche zeigten, dass Silymarin auch den Zuckerstoffwechsel positiv beeinflusst und cholesterinsenkend wirkt. Somit könnte es auch für die Behandlung des metabolischen Syndroms Bedeutung haben, auch Heißhungerattacken sollen gemildert werden. Neueste Untersuchungen ergaben, dass Silibinin den programmierten Zelltod (Apoptose) von Krebszellen induziert. Daraus könnten sich in der Zukunft sogar neue Anwendungen im Bereich der Krebstherapie ergeben.
Tropfenweise
Wer sich Löwenzahn und Distel nicht selbst pflücken mag, findet im Handel Hilfe in Form von Säften, Kapseln, Tees und Tropfen. Wer ein Problem mit dem bitteren Geschmack hat, probiert den Bitter akut-Spray von Bitter & Friends, mit dem wir uns in der Redaktion gerade anfreunden. Denn neben Odermenning, Galgant, Mariendistel, Käsepappel, Löwenzahn, Pomeranzen, Schafgarbe, Ringelblume, Tausendguldenkraut und Spitzwegerich enthält der Kräuterbitterspray auch Pfefferminze, was den Geschmack (so finden wir) dramatisch verbessert 😉
Unserer Leber zuliebe könnten wir ja auch ein neues Motto kreieren: Bitter macht happy!