Etwa ein Drittel unseres Tages, und damit unseres Lebens, verbringen wir schlafend. Man sollte meinen, dass schlafen für uns selbstverständlich ist und wir damit keine Probleme haben. Allerdings klagen zwei Drittel aller Menschen über andauernde Schlafstörungen. Warum ist das so?
Sobald man nicht mehr gut schläft, macht man sich immer mehr Gedanken darüber, warum sich das geändert hat. Was führt zu einer Störung der so wichtigen Nachtruhe? Prinzipiell herrscht die Meinung, dass guter Schlaf eine Sache der Einstellung ist. Je stabiler mein Mind-Set, desto besser mein Schlaf. Aber stimmt das?
Ich habe beobachtet, dass das erste Signal einer erhöhten Stressbelastung meist mit einer auffälligen und anhaltenden Veränderung des Schlafs einhergeht. Der Körper kann aus eigener Kraft die Homöostase (=Gleichgewicht und Erhaltung des Gleichgewichts der physiologischen Körperfunktionen) nicht mehr bewerkstelligen und sendet die ersten Alarmsignale.
Aber schlechter Schlaf allein ist selten die Hauptursache des Problems. Es liegt in erster Linie oft an unserem modernen Lebensstil, mit dem wir uns sehr weit von allem, was schlaf- oder gesundheitsförderlich wäre, wegbewegt haben: zu viel Aktivität, Reize, Schnelligkeit, Alkohol, Kaffee und Zucker und zu wenig Ruhe, Stille, Muße, Innehalten und Verarbeiten.
The night mirrors the day
Was man tagsüber gemacht hat, wird nachts noch einmal erlebt. Und unsere Tage sind oft sehr voll mit enorm vielen Anforderungen, die wir erfüllen müssen. Diesen zeitlichen Stress und die zahlreichen To-Do‘s erleben wir als nie enden wollende und nie gänzlich fertiggestellte Liste. Die Chance, dass man nachts wach liegt, weil man Sorge hat, etwas vergessen oder übersehen zu haben, ist groß. Und mit der Störung der nächtlichen Ruhe gehen natürlich auch gesundheitliche Themen einher, weil der Körper in der Nacht nicht ungestört regenerieren und reparieren kann.
Die wichtigsten Hormone für den Schlafprozess sind Kortisol und Melatonin. Kortisol kennen wir hauptsächlich als unser Stresshormon. Es spielt aber auch eine wichtige Rolle im Stoffwechsel, denn wir brauchen es, um morgens in die Gänge zu kommen und den Tag zu beginnen. Gegen acht Uhr ist sein Spiegel am höchsten und gegen Abend sinkt er ab, um Platz für Melatonin zu machen. Das Schlafhormon sorgt dafür, dass wir gut ein- und durchschlafen können. Wenn man sich aber tagsüber schlecht ernährt und viel Stress hat, dann ist der Kortisolspiegel im Blut viel zu hoch und dann kann das Melatonin viel schwerer seine Arbeit erledigen. Schlafprobleme sind vorprogrammiert.
Schlafzeit und Schlafqualität
Je nach Altersgruppe variieren die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Für Erwachsene ist eine Schlafzeit zwischen sieben bis neuen Stunden vorteilhaft, allerdings ist noch viel wichtiger, wie es um die Schlafqualität bestellt ist: Steigst du frisch und energiegeladen nach sieben Stunden aus dem Bett oder bist du trotz neun Stunden erschöpft? Das hängt davon ab, wieviel Tiefschlaf, wieviel leichten Schlaf und wieviele REM Phasen man hat. Diese Zusammensetzung, abhängig vom Alter, bestimmt, wie gut jemand geschlafen hat. Schlaf ist eben doch sehr individuell. 😉
Wir haben durch unseren Lebenswandel verlernt auf unseren Körper und seine Bedürfnisse zu achten. Wir sind 24/7 „online“ – ständig am Handy oder vom permanenten Entertainment überreizt. Um die Schlafqualität zu verbessern, müssen wir uns eine ideale Umgebung schaffen. Am besten wäre ein „karges“ Schlafzimmer ohne Fernseher oder anderen elektronischen Geräten und Bildschirmen. Die ideale Raumtemperatur liegt zwischen 16 und 18 Grad. Außerdem gibt es die Empfehlung auf der linken Seite zu schlafen, weil das Herz dann weniger pumpen muss und das lymphatische System am besten funktioniert. (Studie der Stony Brook Uni in NY).
Auf alle Fälle gilt es, tagsüber schon darauf zu achten, wie man mit sich und seinem Körper umgeht. Angefangen von der Ernährung (weniger Zucker, Koffein, Fertiggerichte und schnelle Kohlehydrate und mehr hochwertiges Eiweiß) über bewusste Stress-Reduktion, regelmäßige Pausen und Momente des Innehaltens und der Innenschau. Tiefes Atmen nicht zu vergessen.
Übrigens: Eine der fünf essentiellen Aminosäuren ist Tryptophan, das im Körper in Serotonin umgewandelt wird. Daraus wird dann Melatonin produziert. Tryptophan können wir nur über die Nahrung zuführen, es ist in Rindfleisch, Fisch, Eiern, Spirulina, dunklem Kakao, Sesam, Brokkoli und Hülsenfrüchten zu finden. Es ist also von Vorteil, diese Lebensmittel regelmäßig auf deinem Speiseplan zu haben, wenn du deinen Schlaf wieder verbessern magst.
Inspiriert von Schlaf-Experte Floris Wouterson, „Super schlafen“ – Südwest Verlag, 2022