Im Hier und Jetzt

von Mag. Sonja Winkler

Im Hier und Jetzt zu sein klingt ja geradezu einfach umsetzbar, ist es aber ganz und gar nicht. Wie selten sind wir jeden Moment auch wirklich hundertprozentig anwesend und bei der Sache …

Zeit ist ein Konstrukt, das uns in gestern, heute und morgen denken lässt. Dieses Konzept jedoch hält uns fern von unserer reinen Essenz, unserem eigentlichen ursprünglichen Wesenskern, dem dieses Schema gänzlich fremd ist. Unsere Wahrnehmung der Zeit führt unweigerlich in die Trennung und Spaltung: Bin ich nur ein paar Sekunden zu spät am Bahngleis, fährt der Zug ohne mich ab. Hänge ich mit meinen Gedanken in der Vergangenheit fest, kann ich die glücklichen Momente der Gegenwart nicht genießen. Blicke ich sorgenvoll in die Zukunft, vermiese ich mir den gegenwärtigen Augenblick …

Die Zeit hingegen scheint oft wie im Flug zu vergehen, während wir an alten Gewohnheiten festhalten und den Alltag bewältigen. Erleben wir hingegen unerwartet Neues, erfreuen wir uns an überraschenden Ereignissen, scheint die Zeit öfters doch mal kurz stehenzubleiben. Wie damals, als wir noch Kinder waren, wo jeder neue Tag eine Welt voller neuer Eindrücke und Erfahrungen war und die Tage bis zu einem bestimmten Ereignis (Geburtstag, Weihnachten etc.)  einfach nicht vergehen wollten.

Im Laufe der Zeit des „Erwachsenwerdens“ sind wir abgestumpft, haben damit begonnen, uns im Hamsterrad zu drehen. Haben uns dadurch immer mehr von uns selbst entfernt. Wir haben gelernt, unsere Tage von Montag (Schul- bzw. Arbeitsbeginn) bis Freitag (Wochenende) zu zählen und haben dazwischen großteils auf die kostbaren Momente vergessen bzw. verlernt, sie wahrzunehmen. Im Laufe der Zeit haben wir uns immer mehr von uns selbst abgespalten.

 

 

Von der Spaltung in die Einheit

Dabei könnte das Leben doch jeden Augenblick so schön und lebenswert sein, wären wir uns nur wieder jede Sekunde unseres Lebens dieser in uns innewohnenden Liebe, Freude und Begeisterung gewahr, dieser unserer ureigentlichen Matrix, die uns letztlich doch alle – unbewusst oder bewusst – vorangehen lässt! Wie bereits vorhin erwähnt, unser Verständnis der Zeit splittert auf – in Monate, Wochen, Tage, Minuten, Sekunden, Millisekunden etc. Jedoch: Was wäre der Mensch ohne das Hilfskonstrukt Zeit? Er würde sich um einiges leichter wieder auf sich selbst besinnen, auf das, was er in Wahrheit ist – ein Wesen ohne Zeit und Raum, unendlich im ewigen Bewusstsein verankert, ohne Ego, Missgunst, Verstand und Konkurrenzdenken…

Erst dieses Zeitkonstrukt ist es, welches es uns ermöglicht, Erfahrungen zu machen und diese auch entsprechend einzuordnen. Dadurch trennen wir uns zwar bei nicht genauerer Betrachtung von unserer ureigenen Seelenessenz, jedoch: Erst der Blick auf die Uhr bzw. den Kalender ermöglicht es uns letztendlich, uns – eben mit der Zeit und all unseren Erfahrungen – selbst besser kennenzulernen und uns langsam wieder an die Urquelle anzubinden. Der eigentliche Weg und das Ziel eines jeden von uns ist, sich über die Spaltung wieder als Einheit wahrnehmen zu lernen – von der Einheit über die Trennung wieder zurück zur Urquelle zu finden!

Zeit existiert nur in unserer linken Gehirnhälfte: Da teilen wir in gestern, heute und morgen ein. Das Denken erfolgt immer linear. Die rechte Gehirnsphäre sieht das jedoch gänzlich anders: Da geschieht alles gerade jetzt, zur gleichen Zeit. Alles, ist mit allem immer und überall verbunden. Unser aller Weg führt so betrachtet von links nach rechts – von der Spaltung zurück zur Ureinheit, wieder zurück zur bedingungslosen Liebe.

Der Weg zum Frieden

Nicht verarbeitete Erlebnisse, negative Emotionen, Gefühle der Wut und des Hasses trennen uns von unserem Umfeld – wir spalten uns unweigerlich von unserem Umfeld ab. Ängste halten das Ego aufrecht. Das Ego redet uns ein, besser als die anderen sein zu müssen. Recht zu haben, die einzige Wahrheit gepachtet zu haben, über das alleinige Wissen zu verfügen…

Wie trügerisch jedoch! Die Weisheit liegt nur im Erfahren und (Wieder-)Erkennen des eigenen Wesenskerns verborgen. Die Lösung liegt einzig und allein im sich Hingeben der bedingungslosen Liebe, des bedingungslosen Annehmens von allem, was ist. Erst, wenn der letzte Erdenbürger von uns imstande ist, dies zu erkennen, wird wohl Frieden – im Außen wie im Innen – erfahrbar sein. Bis dahin wird es noch einiges an Bewusstseinsarbeit im Globalen, aber vor allem im Individuellen benötigen. Niemand von uns kann Frieden im Außen erwarten, wenn er im tiefsten Inneren nicht bereit ist, ihn auch im Alltag zu leben und sich der Liebe hinzugeben. Sich der Liebe hingeben bedeutet, die Ängste abzustreifen und das Ego und den Verstand endgültig in die Ecke zu setzen.

Frage dich daher täglich: Wie stehe ich zu mir selbst? Nehme ich meine Fehler und Schwächen in Liebe an? Kämpfe ich in meinem tiefsten Innern tagtäglich gar gegen mich selbst? Akzeptiere ich im tiefsten Innern meine(n) Partner(in), meine Nachbarn, meine(n) Chef(in), mein Gegenüber? Bin ich wahrlich im völligen Einklang mit mir selbst und meinem Umfeld?

Wer selbst im Konkurrenzdenken verhaftet bleibt, weiterhin dauerhaft wertet, bewertet und verurteilt, darf nicht von Ländern mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen und gegenseitigen schmerzhaften kollektiven Erfahrungen erwarten, dass sie sich ab sofort – einfach so – freundlich begegnen. Frieden im Außen wird erst möglich, wenn er sich im tiefsten Innersten eines jeden von uns auszubreiten beginnt. Doch dies wird nur durch ein Leben in der Gegenwart erfahrbar, wo vergangene Erlebnisse die Perspektive nicht mehr trüben und sorgenvolle Gedanken über die Zukunft erst gar nicht mehr aufkommen können.

 

 

Leben im Frieden ist immer nur im Hier und Jetzt möglich!

Beginne, dich Tag für Tag mehr nach dem jetzigen Moment auszurichten. Meditiere … durch die Meditation knüpfst du an dein Innerstes an und lässt Zeit und Raum augenblicklich hinter dir. Erst in der Stille beginnst du zu begreifen, wer du ursächlich bist – reinste Energie, reiner Geist, der sich in der Materie manifestiert hat. Eva hat den Apfel Adams gegessen, um Erfahrungen zu sammeln und an diesen zu reifen. Zu wissen, wie es ist, getrennt vom Ganzen zu sein. Keinesfalls jedoch, um sich dadurch mit Schuld zu überhäufen. Ja, das Paradies scheint seither etwas in die Ferne gerückt, hat jedoch die Chance in jedem Augenblick des Seins wieder präsent, allgegenwärtig zu werden: Wenn sich der größte Zweifler und mit dem Schicksal Hadernde und letztlich doch immer nur vor seiner eigenen Schaffenskraft Davonlaufende wieder zu besinnen beginnt, welche göttliche Kraft ihm in Wahrheit innewohnt. Letztlich zu sich selbst, zu seiner eigenen Schöpfer- und Heilkraft, die in jedem lebendigen Wesen von Geburt an steckt, zurückfindet. Bis dahin scheint es noch ein langer Weg zu sein…

Das Dasein ist unserem Zeitgefühl nach ein wahrhaft kurzes – machen wir also das Beste daraus und besinnen wir uns ab sofort darauf, worauf es wirklich im Leben ankommt. Legen wir die Spaltung in uns selbst ab und beginnen wir, uns ab sofort so anzunehmen, wie wir wirklich sind – in unserer ursprünglichen Matrix, dem Original, in welchem wir alle perfekt sind, so, wie wir sind!

Lebe demzufolge in Frieden mit dir und deinem Umfeld. Bemühe dich, dich in deinem Gegenüber zu erkennen und lasse ab vom Urteilen. Dies ist nur im Hier und Jetzt möglich, niemals jedoch in der Vergangenheit oder der Zukunft. Besinne dich jeden Moment auf dich selbst, suche bewusst die Ruhe und Stille und halte inne. Der Atem kann dir dabei helfen – ohne Atem ist kein Leben möglich. Meditiere und konzentriere dich auf das Ein- und Ausatmen. Folge so dem Strom des Lebens und knüpfe dadurch wieder an deinen eigentlichen Wesenskern, der dich mit allem verbindet, an.

In der Tat, das Element Luft wird dem Herz-Chakra zugeordnet. Über das Element Luft lernen wir, uns im All-eins-Sein wiederzufinden: Die Luft, die du ausatmest, nehme ich früher oder später über meine eigenen Lungen auf. Luft verbindet, wenn auch auf sehr volatilem Wege. Luft kann so einiges durcheinanderwirbeln, sodass kein Stein auf dem anderen liegenzubleiben scheint. Luft kann auch äußerst zerstörerische Kraft entwickeln – vor allem, wenn sie mit uns Menschen in Resonanz geht, uns dadurch aber eigentlich ja nur aufwecken und auf dem ursprünglichen Pfad zurückbringen möchte … erst mit dem Chaos kann eine neue Ordnung entstehen.

Luft bewegt und vereint zugleich. Nimm dir an ihr ein Beispiel: Bewege dich zurück zu deinem eigentlichen Wesenskern und vereine dich in deinem tiefsten Innern mit deinen dunkelsten Anteilen – dann wird uns alle früher später das Licht erreichen und erstrahlen lassen. Die Antwort auf all unser Suchen und Sein liegt nämlich immer in Jedem von uns selbst, im Hier und Jetzt, niemals woanders.

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