Wenn wir uns in das Herz unserer Gesellschaft hineinfühlen, dann nimmt man schnell wahr, dass die Welt in einem großen Liebesschmerz ist. Dass sich Männer und Frauen aufgrund ihrer geprägten Identifikation, ihrem fremdgesteuerten Wunsch, gesehen und geliebt zu werden, und ihren täglichen Herausforderungen, immer mehr von sich selbst, ihrem wahren Potential und auch von einem erfüllenden Miteinander entfernen.
Sehr oft sind wir gefangen in Beziehungsmustern zu Partnern und Familie, in Rollenverhalten, Befriedigungswünschen und in Erwartungen, die ihre Wurzeln in jahrtausendealten kollektiven Verletzungen und jenen aus der eigenen Kindheit haben. Hemmende und unbewusste Muster, die sich damals, als wir noch Kinder waren, in uns eingespurt haben oder uns über viele Generationen über unsere Gene weitergeben wurden. Die meisten Erwachsenen begegnen ihren Partnern und allen, mit denen sie in Beziehung stehen, zu 90 Prozent aus ihren Kindheitsprägungen heraus. Prägungen, die auch als inneres Kind bezeichnet werden, sind die Blaupause für alle Beziehungen, die wir in unserem Leben eingehen.
In den ersten sechs Lebensjahren spurt sich ein Schaltplan in unserer Gehirnstruktur ein. Während wir in einem tiefen Vertrauen in der Welt ankamen, lernten wir Schritt für Schritt, was zu tun ist, um von den Menschen, die uns umgeben, geliebt zu werden. Unbewusste und mächtige Glaubenssätze beginnen sich zu formen. Im Laufe unserer Sozialisierung erfuhren viele von uns häufig, dass Liebe nicht einfach IST, sondern dass sie mit Schmerz und Leid verbunden sein kann. Dass wir etwas tun oder aufgeben müssen, um Liebe zu erhalten. Wir identifizieren uns mit diesen Erfahrungen in der Liebe, das Urvertrauen weicht immer weiter und weiter zurück, und die Angst zu genügen, um Liebe zu erfahren, prägt immer stärker unser Verhalten.
Aus diesem Filter heraus, wählen und agieren wir auch in unseren Beziehungen als Erwachsene. Wir suchen nach Befriedigung unserer unerfüllten Kindheitswünsche oder unserer Muster. Wir suchen nach Schuldigen, Erlösern, Opfern oder Tätern, die unsere unbewussten Erwartungen bestätigen. Wir suchen nach Liebe und finden sie nicht, weil wir sie tief in unserem Innersten eingekerkert haben. Wir tragen – meist unbewusst – eine Last voller Erwartungen und unerfüllten Kindheitswünschen vor uns her und hoffen auf jemanden, der uns endlich Befriedigung schenkt.
Wer kennt es nicht auf diese oder andere Art und Weise: Du kommst nach einem sehr anstrengenden Tag abends nach Hause, freust dich auf die Ruhe und ein gutes Essen mit deinem Partner. Doch da sitzt er mit seinen Freunden in eurer Wohnung, hat jede Menge Spaß und es steht weder Essen am Tisch, noch schenkt er dir die Aufmerksamkeit, die du nach einem solchen Tag erwartest. Du flippst aus, wirst sehr wütend und schlägst verbal um dich. „Du bist ihm nicht wichtig“, flüstert dein Verstand. „Dir sind immer alle anderen wichtiger, wie es mir geht, interessiert dich ja gar nicht!“, sprichst du aus und beginnst zu weinen. „Es ist ja egal, was ich tue, ich kann es dir ohnehin nie recht machen“, hörst du als Antwort und in seinem Kopf flüstert der Verstand „Du genügst ihr nicht, es ist Zeit dich von ihr zu trennen“, während er die Tür zuknallt und geht.
Es ist an der Zeit, dass sich Mann und Frau wieder als „ganze“ Wesen begegnen, und nicht als zwei Hälften, die jeweils dafür zuständig sind, den anderen zu vervollständigen.
In der schamanischen Tradition wird gelehrt, dass vier spezielle Energiewirbeln in unserer Aura, dem Energiefeld des Menschen, vorhanden sind. Diese vier Lichtwirbel werden als Schilde bezeichnet. Sie bündeln unsere gesamte Energie und halten sie zusammen. Die Lebenskraft, die durch uns fließt und das, was auf uns ein- und von uns wegfließt, wird durch sie organisiert, koordiniert und geleitet. Jeder Mensch besitzt diese vier unterschiedlichen Kräfte. Sie wurden uns überreicht, um in Harmonie durch dieses Leben zu gehen.
Alles, was wir auf dieser Erde durchleben, Erfahrungen aus diesem und früheren Leben, genetische Veranlagungen, die Verbindung zu anderen Menschen und Situationen, kann Verstrickungen oder Blockaden in diesen Schilden und somit in unserem Energiesystem auslösen. Dann kann es geschehen, dass wir uns unglücklich oder überfordert fühlen oder dem Leben einfach nicht wahrhaft begegnen. Sich aufzumachen und diese unterschiedlichen, ganz persönlichen Kräfte kennenzulernen, kann dich in erfüllende Beziehungen führen.
Das Südschild – Schild des inneren Kindes
Um wieder in die reine Kraft des von jeder Erziehung unberührten Kindes zu finden, tut es gut, sich deiner ganz persönlichen Kindheits- und Pubertätsgeschichte zuzuwenden. Mit deinen ureigenen Erfahrungen und den wahren Gefühlen, die sich dahinter verbergen. Damit ein gemeinsames lebendiges Wachsen stattfinden kann.
Übung
★ Mach dich auf den Weg in die Natur mit der Absicht, einen Baum zu finden, der dich dabei unterstützt, deinem Glaubenssatz/deiner Prägung zu begegnen, die momentan einen stark hemmenden Einfluss auf dein Beziehungsleben hat.
★ Atme tief ein und aus, atme mit der Natur, in der du dich befindest. Stell dir vor, alles atmet gemeinsam mit dir und lass dich von ihr führen. Lausche auf Vogelstimmen, höre das Rascheln von Blättern oder Wasser, folge einer Wolke die Dich führt,… Wenn du zu einem Baum kommst – frag ihn, ob er dich in deinem Thema unterstützen mag.
★ Bäume sind sehr machtvolle Wesen und stehen in direktem Kontakt zum Energiekörper des Menschen. Diese Verbindung ist sehr leicht spürbar und unterstützt dabei, dass wahre Emotionen und Gefühle gehoben und gereinigt werden. Wenn es also der Baum ist, der dich begleiten mag, dann lege beide Hände und deine Stirn auf den Stamm und verbinde dich mit ihm auf deine eigene und wertschätzende Art und Weise. Wenn du sein Pulsieren fühlst, dann bist du in einer tiefen und lebendigen Verbindung.
★ Setz dich mit dem Rücken an den Stamm – dein Blick ist in Richtung Süden gerichtet. Wenn du magst, kannst du auch Mehl mitbringen und vorher einen Mehlkreis um den Baum machen, in den du dich dann setzt. Dadurch erschaffst du einen sehr intimen heiligen Raum.
★ Schau in den Süden, spüre die Kraft des Baumes hinter dir und bitte ihn darum, dass er nun die tiefen Prägungen, Emotionen, Glaubenssätze aus deinem Unterbewusstsein ins Bewusstsein bringt.
★ Schau in den Süden, schau in deine Kindheit. Setz dein inneres Kind vor dich hin und frag es: Wo bist Du verwundet worden? Sind diese Wunden heil oder sind unerfüllte Wünsche erhalten geblieben? Wo hast Du einen Vertrauensbruch oder Angst erlebt, nicht geliebt zu werden?
★ Lass alles zu, was kommt. Gehe nicht in die Bewertung, sondern betrachte nur. Wenn Tränen hochkommen, sei dir gewiss, dass sie bereits etwas ausreinigen.
★ Schau wieviel Liebe du vor dir siehst. Fühle den Baum im Rücken, der dich in die wahre Erwachsenenkraft hebt.
★ Lass dir dafür ausreichend Zeit und wenn du das Gefühl hast, dass der Prozess zu Ende ist, bedanke dich bei deinem inneren Kind, beim Baum und bei dem Platz in der Natur mit all seinen Kräften. Lass etwas Kräuter dort als Dankeschön dafür, dass du so gut genährt wurdest.
Den ganzen Artikel kannst du in CHI 02/22 nachlesen