Der Weise und Rishi (Seher) Patanjali übermittelt uns in den „Raja Yoga Sutras“ in einem der bekanntesten Sutras (Verse) 1.2 „Chitta vritti Nirodha” – „Yoga ist das zur Ruhe Kommen der Gedankenwellen“. Dies ist unter anderem mit dem bewussten Lenken von Prana (Lebenskraft) möglich, das eng mit dem Geist verbunden ist.
Unser Atmen steht auch in direkter Verbindung mit den Gedankenwellen. Je ruhiger unser Atem fließt, desto ruhiger fließen auch die Gedanken. Je ruhiger die Gedanken fließen, und je mehr wir den Raum zwischen unseren Gedanken erweitern, desto ruhiger fließt wiederum der Atem. In den „Yogasutren von Patanjali“ finden wir wunderbare Weisheiten und praktische Hinweise zu bewusster Atmung (Pranayama), für unsere spirituelle Praxis (Sadhana) sowie für unser tägliches Leben.
Sadhana Pada – Sutra 50
Pranayama ist bewusstes Einatmen, Ausatmen und Atem anhalten. Es wird durch Ort, Zeit und Anzahl bestimmt. Der Atem wird immer länger und feiner. Anzahl ist der Rhythmus der Atmung (1/4/2): einatmen und doppelt so lange ausatmen. Die bedeutende Phase des „Atem Ruhenlassens“ wird doppelt solange ausgeübt, wie wir ausatmen. Ort ist der Konzentrationspunkt während der Übungen zur bewussten Atmung nach dem Grundsatz: Energie folgt der Aufmerksamkeit.
Wir lenken unsere Aufmerksamkeit ins Ajna Chakra. So steigt die Energie über den Hauptenergiekanal um die Wirbelsäule (Shushumna) leicht nach oben. Zeit ist die Phase des „Atem Ruhenlassens“. Durch bewusstes Atmen wird auf das unwillkürliche System Einfluss genommen. Ruhige, gleichmäßige und langsame Atemzüge sind der Spiegel für ruhige Gedankenwellen. Regelmäßiges Üben sowie das bewusstere Atmen im täglichen Leben führen zu immer mehr Stille im Geist. Ich empfehle, dass dich ein/-e erfahrene/-r Lehrer/-in beim Praktizieren begleitet. So erfährst du fundierte Hintergründe, Wirkungsweisen sowie einen achtsamen Zugang zu den jeweiligen Atemübungen.
Prana
Prana ist Lebensenergie. Prana fließt hinter allen Lebens- und Seinsfunktionen: körperlich, mental, emotional, unterbewusst und seelisch. Auch auf dem Weg der Bewusstseinserweiterung folgen wir unter anderem dem physikalischen Grundgesetz: Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden – es ist nur eine Umwandung (Transformation) möglich. Alles ist Energie – in unterschiedlichen Schwingungsfrequenzen.
Mit bewusstem Atmen (Pranayama) wandeln wir – neben anderen spirituellen Übungen – grobstoffliches in feinstoffliches Prana um – wir verfeinern. Je feinstofflicher das Prana wird, umso weiter erkennen wir unser Bewusstsein. Ein Teil dieses Pranas wird in Ojas – feine geistig-spirituelle Energie, Vitalität, Stärke und Strahlkraft – verfeinert (sublimiert).
Prana zeigt sich auf der körperlichen Ebene durch die Wirkung der 5 Hauptpranas (Vayus). Sie sind Teil der Vitalhülle (Pranamaya Kosha), Teil des Astralkörpers.
- Prana Vayu – Element: Luft
Energie hinter dem Atemsystem - Apana Vayu – Element Erde
Energie hinter dem Ausscheidungssystem - Samana Vayu – Element Feuer
Energie hinter der Verdauung - Vyana Vayu – Element Wasser
Energie hinter dem Blutkreislauf und dem Bewegungssystem - Udana Vayu – Element Äther
Energie hinter dem Kommunikationssystem
Mit unterschiedlichen Praxiseinheiten aus dem ganzheitlichen Yoga werden die jeweiligen Vayus leicht harmonisiert und gestärkt.
Koshas & Shariras – drei Körper und fünf Hüllen
Die wunderbare Philosophie der Koshas & Shariras (physischer und feinstofflicher Körper) spiegelt auf einfache Weise die Zusammenhänge unserer Körper wider: welche Funktionen unseres Seins mit welchem Körper in Verbindung stehen sowie die Möglichkeiten, wie wir jede einzelne Kosha/Sharira reinigen, transformieren und somit heben und stärken können.
Pranamaya Kosha (Vitalhülle):
Die Pranamaya Kosha ist jene Hülle des Astralkörpers, die dem physischen Körper am nächsten ist. In dieser Vitalhülle ist unser gesamtes Energiesystem gespeichert: Energiekanäle (Nadis), Energiezentren (Chakren), die fünf Hauptpranas sowie unsere fünf Handlungsorgane. Die fünf Hauptpranas steuern die Qualität unseres gesamten Lebens. Dementsprechende Bedeutung hat eine gesunde und vitale Pranamaya Kosha für uns und unser Leben. Je gesünder und reiner unsere Energiekanäle sind, desto besser fließt das Prana. Je harmonischer unsere Chakren sind, desto besser fließt die Energie in jedem Chakra und somit auch gewisse körperliche, mentale, emotionale, unterbewusste sowie spirituelle Lebensbereiche. Je gesünder unsere fünf Hauptpranas fließen, umso gesünder ist unser gesamtes Leben. Alles schwingt – je höher unser Prana ist, desto vitaler, leichter und freudvoller fühlen wir uns.
Der direkte Schlüssel zum Tor der Pranamaya Kosha und somit zur Transformation unseres gesamten Energiesystems ist die wundervolle Welt von Pranayama: Mit bewusster Atmung transformieren wir unsere Lebensenergie. Das heißt: Wir heben, stärken und verfeinern unsere Lebensenergie. Besonders hohe Transformation findet in der Phase des bewussten entspannten Anhaltens des Atems (Kumbhaka) statt. In dieser Phase stärken wir besonders unsere Selbstheilungskräfte. Ebenso wird Prana in spirituelle Energie (Ojas) für unsere Bewusstseinserweiterung gewandelt.
Für eine nachhaltige Veränderung ist es wichtig, regelmäßig Pranayama zu praktizieren und die Atmung immer achtsamer wahrzunehmen.
Arten von Pranayama
Bei regelmäßiger Praxis – im Sinne von integrierter Balance – ist die Wirkung stark spürbar.
Einfache Atemübungen:
- Bauchatmung
- Volle Yogaatmung
- Kapalabhati (zählt auch zu den Kriyas = yogische Reinigungsübungen)
- Anuloma Viloma (Wechselatmung)
- Sitali/Sitari (kühlende Atmung)
- Brahmari (Bienenatmung)
Ich bin sehr dankbar, meine Erfahrungen und das Wissen über das bewusste Atmen mit vielen Menschen zu teilen, damit sich die positive Wirkung entfalten und das Leben leichter, freudvoller und gesünder werden kann.
Möge die Übung gelingen!