Dringend: Vorbilder gesucht!

In nur einer Generation hat sich Vieles verändert - jetzt sind dringend Vorbilder gefragt

Einige Frauen in meinem Bekanntenkreis machen schon Stricherllisten, wann sie in Pension gehen können. Auch wenn mir da die Gänsehaut hochkriecht, bleibt doch die Gewissheit: Es geht Tag für Tag in Richtung Seniorenausweis.

 

Ja sicher, ein Blick in den Spiegel beschert mir schon die eine oder andere Falte mehr. Die leisen Gelenkschmerzen morgens beim Aus-dem-Bett-kriechen schreien nach einer regelmäßigeren Yoga-Praxis, um die Beweglichkeit zu erhalten. Aber kaum mit dem ersten Morgenkaffee in Schwung gekommen, fühlt sich das Leben an wie eh und je. Und Pension und Seniorenausweis rücken in unsichtbare Ferne.

Doch das Thema holt mich immer wieder ein. Erst kürzlich erzählte mir eine Bekannte, dass sie Oma geworden ist. Sich aber gar nicht so fühlt. Oma. Das ist doch diese Frau mit den weißen Haaren und der Kleiderschürze, die immer so gut nach frischem Gebäck duftet, viel Zeit für ihre Enkelkinder hat und sich aufopfernd um das Wohlergehen aller Familienmitglieder kümmert. Weil sonst auch nicht mehr viel läuft!? Meine Bekannte ist irritiert, denn diesem Oma-Bild entspricht sie mitnichten. Und das findet sie auch gut so. Doch welche Oma ist sie dann? Um sich mehr wie eine solche zu fühlen, verzichtet sie ab sofort auf das Haare färben.

Machen’s Färbestopp und Botox besser?

Meine eigene Mutter war keine solch „typische“ Oma. Mit weit über 60 hat sie viel Zeit auf dem Tennisplatz verbracht, ist gereist und hatte fixe Freundinnen-Termine und Saunatage. Dementsprechend war da auch kein Spielraum mehr für das aufopfernde Kümmern der Familie übrig. Wozu auch? Waren schließlich alle erwachsen, hatten ihre eigenen Familien und Haushalte. Und meine Mutter, die sich ihr Leben lang als Selbstständige abgerackert hatte, wollte nun ihre (Frei)Zeit genießen. Das stand ihr schließlich auch zu. Als Vorbild taugt sie für mich trotzdem nicht. Ihre Haare hat sie übrigens bis weit über 70 gefärbt …

Gestern flimmerte die Rede unserer neuen Frau Bundeskanzlerin über den Bildschirm. Riesen-Karrieresprung mit  knapp 70! Wow. Ihr Hals verrät zwar, dass in ihrem Gesicht wohl ein bisschen „retouchiert“ wurde. Aber was soll’s,  das kann ja jede Frau für sich entscheiden. Blöd für mich, denn auch sie eignet sich nicht zum Vorbild. Schließlich bin ich auf der Suche nach dieser Würde des Alters, nicht nach dem Versuch, mich noch mit 70 optisch zehn Jahr jünger zu machen.

Wo ist denn nun My Way?

Nun haben wir also den Salat. Weder möchte ich mein Spiegelbild mit Botox & Co betrügen, noch werde ich die Kleiderschürzen-Oma von damals sein.  Ich möchte nicht mit 70 noch krampfhaft mithalten müssen, aber ich möchte auch nicht „zum alten Eisen“ abgeschoben werden. Ich liebe das Leben und kann mir (noch) nicht vorstellen, einmal nicht mehr mittendrin zu sein. Ich suche nach dem berühmten Mittelweg. Und ich suche nach Vorbildern.

Wer welche kennt – bitte schickt sie mir. Mein Seelenfrieden wird es Euch danken …


von Lilly Dippold

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