Unser Gehirn ist eine unermüdliche „Aufzeichnungsmaschine“. Alles, was wir bislang erlebt, erfahren, gefühlt und gelernt haben, wird dort gespeichert. Unsere tagtäglichen Wiederholungen werden über die Jahre zu Gewohnheiten, zu automatisch ablaufenden unbewussten Gedanken, Entscheidungen, Verhaltensweisen und Emotionen.
Wenn wir etwas immer und immer wieder machen bzw. denken, erzeugt unser Gehirn daraus eine Art „Software“, ein starkes neuronales Netzwerk, damit Abläufe schneller funktionieren können. Dieses „fire & wire“-Prinzip kennen wir vom Lernen: Was am Anfang noch schwer fällt, wird bei regelmäßiger Wiederholung immer einfacher. Prinzipiell eine gute Sache.
Allerdings heißt das auf der anderen Seite auch, dass wir schon bald hauptsächlich „erinnerte Programme“ abrufen, die den Großteil unseres Ichs repräsentieren. Wir leben also quasi jeden Tag dasselbe Leben mit den immer gleichen Gedanken, Emotionen und Glaubenssätzen, die im Gehirn als dichte neurologische Netze verdrahtet sind. Mit der Zeit übernimmt der Körper die Kontrolle – er kennt die Programmierungen ja mittlerweile – und wir laufen mehr oder weniger auf Autopilot in eine – mit einigen wenigen Abweichungen – vorhersehbare, berechenbare immer gleiche Zukunft. Wir können im Prinzip das Gestern hernehmen und es auf das Heute draufstülpen. Keine berauschende Aussicht.
Die meisten Menschen in der westlichen Welt greifen zum Beispiel beim Aufwachen zuerst nach ihrem Handy. Dann stehen sie auf und machen meist das genau Gleiche wie am Vortag, mit den immer gleichen Abläufen.
Zurück zur Aufzeichnungsmaschine Gehirn
Unser Denken erzeugt unsere Befindlichkeiten, weil unsere Gedanken alleine Gefühle erzeugen können und diese wieder Gedanken und dann wieder Gefühle … ein stetiger Kreislauf. Wir sind in diesen unbewussten Gedankenkreisen regelrecht gefangen. Und unser Körper ist in dieser Hinsicht äußerst objektiv: Er unterscheidet nicht zwischen einer realen Erfahrung und einem Gedanken.
Kleines Experiment gefällig? Beobachte, wie sich deine Stimmung durch die folgende Übung verändert:
Die vier Schritte zur Veränderung
Schritt 1: Bewusst.sein und Veränderungswille
Der erste Schritt zum Wandel besteht darin, sich b e w u s s t dafür zu entscheiden, diese Veränderung machen zu wollen.
Danach darfst du dich und deine Abläufe mal bewusst wahrnehmen und beobachten. Schreib dir zum Beispiel auf, welche Routinen du Tag für Tag hast. Machst du die immer gleichen Dinge? Ärgerst du dich tagtäglich über das Gleiche? Bist du schon beim Aufstehen frustriert? Manches ist tief im Unterbewusstsein vergraben und wird eventuell länger brauchen, um es zu erkennen bzw. zu verändern. Such dir anfangs jene Dinge heraus, die dir leicht (auf)fallen, und beginne dort mit der Veränderung.
Schritt 2: Gedankenschleifen stoppen
Hol dir deine unbewussten (hinderlichen) Gedankenschleifen ins Bewusstsein. Beobachte achtsam: Was denkst Du den lieben langen Tag über dich, deine Mitmenschen, dein Leben, deine Gesundheit, Geld usw. Notiere dir die Sätze und lasse sie auf dich wirken. Dann frage dich, woher sie kommen und vor allem, ob du sie weiter denken willst, ob sie (noch) immer gelten, (noch) immer wahr sind. Ertappe dich dabei, wenn du sie wieder und wieder hervorholst und nimm dir vor, diese Gedanken zu unterbrechen und nicht weiterzudenken. Ich zum Beispiel schnippe mit den Fingern und sage mir dann: „Hör auf damit. Denke einen neuen Gedanken!” – funktioniert gut für mich.
Schritt 3: Abläufe verändern
Beginne schon in der Früh damit, deine Abläufe leicht zu verändern. Zum Beispiel könntest du dir, bevor du aufstehst, noch fünf Minuten in Ruhe schenken, um im Tag anzukommen. Denk nicht an deinen Terminkalender, nicht daran, was du im Lauf der nächsten Minuten zu tun hast oder was gestern passiert ist. Einfach nur sein. Dankbar für den neuen Tag und all die Dinge, die du schon hast wie Gesundheit, Freunde, Familie, ein Dach über dem Kopf, einen Job, Geld, Essen …). So kannst du üben, im gegenwärtigen Moment zu sein. Setz dich beim Frühstück auf einen anderen Sessel. Fahre einen anderen Weg in die Arbeit, steig eine Station früher aus … Ich glaube, du weißt, was ich meine.
Schritt 4: Präsent sein
Lenke während des Tages dein Bewusstsein immer wieder auf die Gegenwart. Dazu nutzt du deinen Atem, denn er geschieht nur im gegenwärtigen Moment. Atmen ist immer Gegenwart. Wenn du dir Zeit nimmst, kurz innezuhalten und dich – vielleicht sogar mit geschlossenen Augen, damit du die Verbindung zur Außenwelt unterbrichst – auf deinen tiefen ruhigen Atmen zu konzentrieren, wirst du feststellen, dass sich etwas verändert. Vergangenheit ist vorüber, Zukunft findet noch nicht statt. Du bist präsent.
Neue Abläufe, neue Sichtweisen, neu Gelerntes, das zu neuen Denkweisen führt, sollte also logischerweise auch zu neuen Wahlmöglichkeiten und Entscheidungen führen, die – wenn sie umgesetzt werden – zu neuen Verhaltensweisen führen sollten. Dadurch können neue Erfahrungen entstehen, die neue Gefühle erzeugen. Neue Gefühle und neue Emotionen sollten neue Gedanken hervorrufen. Das fördert deine Weiterentwicklung.
You must be playing your mind – your mind should not be playing you.
– Sadhguru
Rechne damit, dass dein Verstand (und auch dein Körper) dir öfter „einreden” wollen, dass das alles Unfug und viel zu kompliziert ist. Schließlich wollen sie die altbewährten einfachen, schnellen und erprobten Pfade nicht verlassen. Lass dich davon nicht beeindrucken. Bleib dran, auch wenn es manchmal mühsam wird.
Wenn Du dabei Unterstützung brauchst, steht dir Renate Neuhold gerne mit Rat und Tat zur Seite.