Eine warmherzige Partnerschaft ist unser Lebenselixier! Gleich zwei Harvard-Langzeitstudien bestätigen es. Wir brauchen genau eine Sache für ein erfülltes Leben: echte und tiefe Bindung zu anderen Menschen.
Die beiden Studien „The Grand Study“ und „The Glueck Study“ beschäftigten sich über 75 Jahre lang mit dieser einen Frage: Was macht den Menschen wirklich glücklich? Über 600 Menschen aus jeweils einer Gruppe sozial gehobener und sozial schwacher Männer und Frauen wurden von den Forschern über Jahrzehnte begleitet, ihre Lebensgeschichten verfolgt, medizinische Akten gesammelt, Gehirne gescannt und vieles mehr. Nach der Analyse dieser unvorstellbaren Menge an komplexen Daten, gab es eine Kernerkenntnis: „Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder.“
Sicher sind soziale Beziehungen gut für uns, um Einsamkeit zu eliminieren. Aber die Qualität unserer tiefen Beziehungen sind eigentlich das Lebenselixier. Konfliktreiche Ehen mit wenig Zuneigung zeigten sich als sehr schlecht für die Gesundheit, eigentlich schlechter, als eine Trennung. Warmherzige Partnerschaften hingegen, eine auf Sicherheit aufgebaute Beziehung, sind gut für unsere Gesundheit und Wohlbefinden. Ein gutes Leben baut auf einer guten Beziehung beziehungsweise Partnerschaft auf.
– Pearl S. Buck
Was versteht man nun aber unter einer warmherzigen Partnerschaft?
Eine sichere emotionale Verbindung zu unserem geliebten Partner/einer Partnerin verleiht uns Flügel. Sie gibt uns Rückhalt, lässt uns Situationen entspannter sehen, wir verstehen uns auch selbst besser und sehen uns positiver, da wir aus unserer Partnerschaft Sicherheit und ein gesundes Maß an Selbstwert schöpfen.
Je besser wir in der Lage sind, unsere Partner um Unterstützung zu bitten, und diese auch hinter unseren Bedürfnissen stehen, umso leichter können wir auch selbständig unsere Probleme lösen und unsere Ziele erreichen. Auch Wertschätzung und Dankbarkeit für alles, was uns unser Partner gibt, ist wichtig, denn nichts ist selbstverständlich. Ein sicher gebundener Erwachsener ist generell neugieriger und offener für neue Informationen sowie widerstandsfähiger.
Um eine tiefe Bindung in unserer Partnerschaft zu erreichen, brauchen wir die Fähigkeit der emotionale Resonanz für
- Zugänglichkeit – Kann ich dich erreichen?
Dies bedeutet, dass wir unserem Partner gegenüber auch dann offen bleiben, wenn wir Zweifel haben und uns unsicher fühlen. Auf diese Weise können wir die mangelnde Verbundenheit überwinden und sind in der Lage, uns auf die Bindungssignale unseres Partners einzustimmen.
- Reaktionsfähigkeit: Kann ich darauf zählen, dass du emotional auf mich reagierst?
Das bedeutet, dass wir uns in unseren Partner einfühlen und ihm zeigen müssen, dass seine Emotionen und insbesondere seine Bindungsbedürfnisse und Bindungsängste auf uns wirken. Wir akzeptieren die emotionalen Signale, die unser Partner an uns übermittelt und schenken ihm unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Außerdem senden wir selbst klare Signale der Bestätigung und der fürsorglichen Zuwendung aus, wenn unser Partner diese braucht. Solche sensiblen Reaktionen berühren uns emotional und beruhigen uns körperlich.
- Engagement: Kann ich mir sicher sein, dass du mich schätzt und mir nahe bleiben wirst?
Mit emotionalem Engagement ist hier die ganz spezielle Art von Aufmerksamkeit gemeint, die wir nur einem Menschen schenken, den wir lieben. Wir schauen einen solchen Menschen länger an und berühren ihn häufiger. Partner bezeichnen dies häufig als emotionales Präsent-sein („da“ sein).
Die emotionalen Bindungsbedürfnisse unserer Kindheit sind die gleichen, wie jene in unserem Erwachsenenalter. Der Wunsch einer tiefen Bindung ist somit in unserer persönlichen Grundstruktur veranlagt. Wir brauchen nicht zu lernen, besser zu argumentieren und zu verhandeln, wir brauchen unsere frühe Kindheit nicht zu analysieren, keine teuren romantischen Gesten zu vollführen und auch nicht mit exotischen Sexualpraktiken zu experimentieren. Wir brauchen nur zu erkennen und zuzugeben, dass wir emotional mit unserem Partner verbunden sind, wir uns emotional unterstützen, beruhigen und somit geschützt sind.
Jede Beziehung ist ein sich ständig verändernder Prozess, der in der einen Partnerschaft langsamer und in der anderen schneller vollzogen wird. Dennoch durchlebt jede Liebe dieselben fünf Phasen der Beziehung – sofern sie denn so lange besteht.
- Die Verliebtheitsphase
- Das Verliebtheitsgefühl verschwindet
- Gegensätze werden bekämpft
- Das Ich, Du und Wir
UND
- Du bist mein Zuhause
Diese Phase, die fünfte und letzte Phase der Liebe, ist die schönste, tiefste und vertrauteste Beziehungsphase. Wer hier angekommen ist, kann ohne Masken, Projektionen und Täuschungen von wahrer Liebe sprechen. Leider wird diese wunderschöne Phase heute immer seltener erreicht. Immer häufiger trennen sich Paare in den ersten drei Beziehungsphasen, weil es ihnen an Verständnis und Akzeptanz fehlt. Oder sie verweilen in Phase drei und vier und die Beziehung ist mehr Kampf und Krampf als seelisches Zuhause.
Die meisten Paare oder auch nur einer der Partner einer Beziehung suchen mich in Phase drei auf. Die Phase kann erst kurz sein oder auch schon Jahre andauern. Nachdem jede Beziehung anders ist, hole ich selbstverständlich die Beziehung dort ab, wo sie gerade steht. Wenn nur ein Partner zur Paarberatung kommt, dann meist dann, weil der andere Sorge hat, dass es zu Schuldzuweisungen kommt. Doch das wäre ja nicht hilfreich für eine Lösung, da ja die Dynamik von beiden dazu geführt hat, dass es zu Kämpfen kommt. Zur Veranschaulichung sind drei Schritte notwendig um in der tiefen, warmherzige, erfüllenden Beziehung anzukommen.
- Deeskalation
Je nachdem auf welcher der neuen Eskalationsstufen ein Paar steht, braucht es kürzer oder länger bis diese Phase zu Ende ist. Es hängt nicht von der Stufe ab, ob sich das Paar hinausbewegt, sondern von der Bereitschaft das Verhalten zu reflektieren, neue Erkenntnisse anzunehmen und umzusetzen. Und ob sie auch Zeit außerhalb der Paarberatung investieren wollen, um aufeinander zuzugehen. - Vertrauen vertiefen
In dieser Phase können wir uns in der bindungsfokussierten Paarberatung mehr und mehr den verletzlichen Emotionen und Bindungsbedürfnissen widmen. Die Sprache der Liebe ist hier wesentlich, um den Partner am richtigen Kanal abzuholen. Wenn das Vertrauen geschaffen ist, auch alte Bindungsverletzungen aufarbeiten, um in ein Urvertrauen zu gelangen. Partner, die auch willig sind zu reagieren, wenn es sich um Verletzungen aus anderen Beziehung oder der Kindheit handelt, erreichen die Tiefe der Warmherzigkeit wesentlich früher. Wo sich die meisten Männer und Frauen schwer tun, ist Trost zu spenden. Viele deuten den Partner in seinem nonverbalen emotionalen Verhalten völlig falsch, deshalb wird auch darauf geachtet, nicht nur die Worte, sondern auch das Nonverbale zu interpretieren und darauf einzugehen. - Im sicheren Hafen ankommen und bleiben
Die letzte Phase beschäftigt sich mit Intimität, dem Aussprechen von Wünschen, dem Umgang mit tiefen Ängsten und dem weiteren Lernen, auf den Partner einzugehen. Viele Frauen und Männer empfinden körperliche Nähe als bedrohlich oder unangenehm und haben sie als Möglichkeit, emotional verletzt zu werden, erlebt. Da sind Geduld und Warmherzigkeit, Verständnis und das Eingehen auf die nach Sicherheit ringenden Bedürfnisse Rücksicht gefragt. Als Abschluss meiner Begleitung in dieser Phase gilt es auch den guten Übergang zu finden, wie ein sicherer Rahmen zu Hause geschaffen wird, der bis dahin in der Paarberatung stattgefunden hat. Welche Rituale gelebt werden, um der Beziehungsvision gerecht zu werden.
Für mich bestätigt sich die Erkenntnis der Studien aus Harvard. Wenn ein Paar diese tiefe verlässliche Beziehung erreicht hat, äußert sich das auch in vielen anderen Bereichen des Lebens unabhängig vom sozialen Status. Der Bindungswunsch ist hier ebenso wichtig, wie das sich liebevoll den Bindungsängsten des Partners zu widmen.
Das zeigt sich auch bei der Beratung von Einzelpersonen, die ich manchmal aus einer Beziehung herausbegleitet habe und die dann mit ihrem neuen Partner/ihrer Partnerin diese tiefe Verbindung leben.
Liebe ist kein Mysterium mehr.
In der psychologischen, bindungsfokussierten Beratung verstehen wir die Liebe und wie wir zu einer tiefen Bindung kommen, damit warmherzige Partnerschaften entstehen, nicht nur um uns Gesundheit und Glück zu schenken, sondern auch, damit unsere Kinder in einem emotional reagierenden Umfeld aufwachsen.