Noch immer existiert in weiten Teilen der Bevölkerung eine skeptische Sicht auf Hypnose, der die Nutzung vielfältiger positiver Unterstützungsmöglichkeiten dieser kraftvollen Arbeit mit dem Unterbewusstsein verhindert. Selbstredend ist im Rahmen der Hypnose Aufklärungsarbeit, auch vor der konkreten Durchführung mit dem Klienten, unabdingbar und Vertrauen eine Grundvoraussetzung für alle folgenden Schritte.
Ein achtsamer Umgang mit der hypnotischen Methodik im Wissen des Potentials, das in unser aller Unterbewusstsein schlummert, kennzeichnet heute die moderne und therapeutische Zugangsweise.
Wer also Hypnose, für welches Thema auch immer, zur Unterstützung nützen möchte, darf sich von allen Vorurteilen lösen und sich auf eine spannende Arbeit mit seinem Unterbewusstsein freuen.
Ein veränderter Bewusstseinszustand
Das Geheimnis des sogenannten hypnotischen Trance-Zustands liegt im Grunde genommen darin, dass wir uns in diesem Moment in einem veränderten Bewusstseinszustand befinden. Ähnlich des Vorgangs, wenn wir vom Schlaf- in die Wachphase und umgekehrt, übertreten, stellt sich auch in der Hypnose eine Veränderung unserer Hirnfrequenzen ein. Untersucht man diese anhand eines EEGs (Elektroenzephalogramm), so stellt man im Wachbewusstsein andere Frequenzbereiche (Betawellen 13-30 Hz) fest, als im Schlaf. In der Hypnose wandern wir schließlich von der bewussten Wachphase stufenweise in den unbewussten Zustand Richtung Schlaf, erreichen diesen jedoch nicht. Dabei können wir Alpha- (9-13 Hz), Theta- (4-8 Hz) und Deltawellen (0,5-3 Hz) produzieren, die eine leichte, mittlere und tiefe Trance anzeigen.
Wir dürfen uns Hypnose jedoch nicht als konstanten Zustand vorstellen, sondern als Prozess, der uns manchmal tiefer ins Unterbewusstsein und dann wieder beinahe in das Wachbewusstsein führt. Alles ist möglich, je nachdem, welches Thema gerade ansteht. Wir müssen auf alle Fälle wissen, dass in der Hypnose im Gegensatz zum Schlaf eine kraftvolle Verbindung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein herrscht, wodurch eine gezielte Arbeit möglich wird. Im alltäglichen Wachzustand gibt es einen nur sehr beschränkten Zugang, da unsere kritische Instanz, die Ratio (Verstand), uns davon abhält, auf unseren verborgenen „Speicher“ zurückzugreifen.
Vom Hypnosemythos zum therapeutischen Einsatz
Interessanterweise verknüpfen fast alle Menschen eine bestimmte Vorstellung mit Hypnose, geprägt von Literatur, Film und Fernsehen. Glaubenssätze wie ein willenloser Zustand, in dem ich dem Hypnotiseur hilflos ausgeliefert bin, nichts mehr mitbekomme und mich zum Affen mache, geistern noch immer durch den Volksglauben. Dem ist jedoch bei Weitem nicht so. Dies mag ein Aspekt des großen Ganzen sein – die sogenannte Showhypnose, die natürlich darauf abzielt, die Menschen zu verzaubern und Geld zu bringen. Damit machte man sich früher einen Namen.
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die Methode an sich bereits viel älter ist und schon vor Urzeiten von den Schamanen und Heilkundigen der Naturvölker für Heilzwecke eingesetzt wurde. Man wusste, dass in Trancezuständen der kritische Verstand zurückgeschaltet war und über das Unterbewusstsein ein Zugang zur Selbstheilung möglich wurde. Die moderne, achtsame und therapeutische Hypnose besinnt sich wieder auf diese Grundgedanken, verbunden mit den aktuellen Kenntnissen der Wissenschaft. Darüber hinaus geht es vor allem um eine Hilfe zur Selbsthilfe, damit wir wieder lernen, mit unseren eigenen Ressourcen in Kontakt zu treten und diese zu nutzen.
Voraussetzungen und Anzeichen der Hypnose
Nun wird sich manche Leserin denken: Schön und gut, aber was geschieht in einer Hypnose?
Zu allererst braucht es dafür Willen, Glauben und Vertrauen des Klienten und des Hypnotiseurs – sowohl der Methode an sich gegenüber, dem damit verbundenen Prozess und der Beziehung zueinander. Dies muss auch ganz klar angesprochen werden im Rahmen der Aufklärung, damit keine fälschlichen Heilversprechen in den Raum gestellt werden.
Eine Hypnose lässt sich grob in drei Bereiche gliedern: Einleitung – Hauptteil – Ausleitung. Im ersten Teil geht es darum, unseren Verstand zur Ruhe zu bringen, in dem wir in einen tiefen Entspannungszustand eintauchen. Das vermittelte in der Showhypnose auch häufig das Bild des willen- und regungslosen Klienten. Die körperliche und geistige Entspannung ist die eigentliche Erklärung dafür.
Mit welchen Elementen diese Einleitung durchgeführt wird, hängt vom Thema, der Verfassung des Klienten, dem Geschmack des Hypnotiseurs und der gewünschten Trancetiefe ab. Hier sei noch erwähnt, dass die Trancetiefe nicht damit zusammenhängt, ob eine Hypnose besser oder schlechter wirkt. Häufig existiert der Irrglaube: je tiefer, desto besser. Der Hauptteil kann schließlich unterschiedliche Techniken beinhalten, größtenteils geht es um das Aktivieren eigener Ressourcen und Fähigkeiten. Die Ausleitung führt dann wieder schrittweise zurück ins Wachbewusstsein. Eine hypnotische Trance lässt sich äußerlich an Faktoren wie dem Augenflattern, einer Entspannung der Muskulatur oder einer ruhigeren Atmung feststellen.
Kontraindikationen
Wie bereits angesprochen, geht es in der modernen Hypnose auch um eine gewisse Achtsamkeit und Obsorgepflicht den Klienten gegenüber. Sowohl der Hypnotiseur als auch die zu ihm kommenden Menschen müssen die Grenzen der Hypnose verstehen und auch die Bedeutung der Eigeninitiative erkennen.
Genauso gibt es auch vorliegende Faktoren, wo von einer Hypnose abgeraten wird bzw. eine Abklärung notwendig sein kann. Klienten, die unter dem Einfluss von Drogen aller Art, bewusstseinseintrübenden Medikamenten, aber auch starken Schmerzmitteln, Psychopharmakas, Analeptika etc. stehen, sollten von einer Hypnose Abstand nehmen. Auch bei Menschen mit schwerwiegenden Hirnverletzungen und kognitiven Einschränkungen handelt es sich bei der Arbeit mit der Trance nicht um eine sinnvolle Herangehensweise. Leidet jemand unter Anfallserkrankungen wie Epilepsie, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder befindet er sich auf Grund psychischer Beschwerden in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung, so kann eine ärztliche oder therapeutische Abklärung bezüglich der Arbeit mit Hypnose angeraten sein. Auch in der Schwangerschaft ist äußerste Vorsicht geboten, hier sollte man nur fachkundiges Personal auf dem Gebiet der Schwangerschafts-
hypnose aufsuchen.
Unsere inneren Ressourcen
Die moderne Hypnose geht vor allem davon aus, dass unser Unterbewusstsein über Kenntnisse, Fähigkeiten und Vorstellungen verfügt, die uns helfen können, unsere gegenwärtigen Themen und Herausforderungen zu lösen. Es geht dabei um eine Bemächtigung unsererseits, wieder der Regisseur unseres Lebens zu werden.
So ist es notwendig, Klienten im Vorgespräch zu sensibilisieren, was sie eigentlich möchten. Wohin soll die Reise gehen? Unser „Problem“ ist uns meist stärker präsent, als unser Ziel. Das Unterbewusstsein arbeitet in Bildern und Emotionen, wie der Schweizer Hypnosetherapie-Experte Gabriel Palacios erklärt. Formulierungen mit „nicht“ sind daher für unser Unterbewusstsein kaum fassbar. Daher ist bedeutsam, sich zu fragen, wie ich mich im Vergleich zu jetzt stattdessen fühlen möchte. Statt „Ich möchte mich nicht mehr hilflos und schwach fühlen.“ könnte man formulieren „Ich möchte kraftvoll und selbstbestimmt sein!“
In der Hypnose wird unser Unterbewusstsein schließlich angeleitet, nach vergangenen Momenten zu suchen, wo wir uns genauso (bzw. so ähnlich) gefühlt haben, wie wir uns dies in der Zielformulierung wünschen. Wir erkennen dann, dass wir die Ressource dieses damaligen Momentes, verknüpft mit Bildern und Gefühlen, in uns tragen. Wenn wir uns schon einmal so gefühlt haben, dann können wir uns durch die Arbeit mit dem Unterbewusstsein wieder so fühlen. Darin liegt auch das „Geheimnis des Unterbewusstseins“. Es stellt eine geistige Arbeit dar, die uns Schritte gehen und diese in unsere „wache“ Realität transportieren lässt.
Einsatz der Selbsthypnose
Die Arbeit mit dem eigenen Unterbewusstsein ist so schön und heilsam, dass wir sie nach einer Weile tatsächlich schätzen lernen. Hypnose ist auch keineswegs eine Methode, die nur geschultes Fachpersonal durchführen kann. Wir alle versetzen uns tagtäglich in Selbsthypnose, wenn wir uns in schlechten Gewohnheiten bestärken oder sich eine Vorstellung manifestiert. Häufig ist uns dies gar nicht bewusst.
Die Macht unseres Unterbewusstseins ist dabei jedoch nicht zu unterschätzen, es speichert und registriert ein Vielfaches im Vergleich zum Wachbewusstsein. In diesem Wissen kann ich dir empfehlen, dich dem Werkzeug der Selbsthypnose zu bedienen.
Ich möchte damit keineswegs den Impuls geben, dass jeder ohne Ausbildung andere drauflos hypnotisieren soll, sondern die Arbeit mit dem Unterbewusstsein für sich zu nutzen. Auf der nächsten Seite findest du eine Anleitung zur Selbsthypnose, angelehnt an die Vorgehensweise von Gabriel Palacios aus dem Buch „Hypnotisiere mich“ (2015).
Fazit
Hypnose ist inzwischen längst aus der verstaubten, grusligen und mystischen Ecke herausgetreten. Immer mehr Menschen suchen Hilfe in der Arbeit mit dem Unterbewusstsein, das uns helfen kann, unsere eigenen Möglichkeiten zu erkennen und in die Eigeninitiative zu gehen.
Die Selbsthypnose ist dabei ein hilfreiches und einfaches Werkezeug, dass wir in umgewandelter Form fast täglich anwenden, selten jedoch zur Stärkung. Es lohnt sich daher allemal, etwas sensibler mit unserem Unterbewusstsein umzugehen und zu verstehen, dass hier viele Antworten und Lösungen auf unsere Fragen zu finden sind, wenn wir es zulassen.
Die Arbeit mit dem Unbewussten kann daher für jeden von uns bereichernd sein und uns vor Augen führen, wie viele belastende Themen ihren Ursprung in unserem „riesigen Speicherarchiv“ haben. Nutze daher auch du dein Unterbewusstsein als verlässlichen Begleiter zu deinen Zielen und Wünschen.
Artikel aus CHI 03/22